Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel tragen nun Früchte

17. Mai 2024 : Keine Personalsorgen in den Kitas der Gemeinden Aiterhofen und Salching – im Interview mit Claudia Mayer
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Vor kurzem haben wir über die Möglichkeiten, Chancen und Herausforderungen des Quereinstiegs in die Kita berichtet. Claudia Mayer von der VG Aiterhofen erzählt gemeinsam mit Nadine Hoffmann (ausgebildete Assistenzkraft) von ihren Erfahrungen.

Frau Mayer, für welche Einrichtungen sind Sie in der VG Aiterhofen zuständig ?

Claudia Mayer: Zusammen mit meiner Kollegin Elena Rauscher verwalte ich zwei große Kindertagesstätten, eine Minikita und einen Waldkindergarten und zwei Offene Ganztagsbetreuungen. Ausreichend Kindertagesstättenpersonal zu organisieren, damit die Förderindikatoren wie Anstellungsschlüssel und Fachkraftquote erfüllt werden können, ist eine tägliche Herausforderung.

 

Was hat sich geändert bzw. welche Maßnahmen haben Sie getroffen?

Mayer: Die Förderrichtlinie TP 2000 -Förderung von Assistenzkräften - gibt es seit Januar 2020. Beim Durchlesen dieser Richtlinie war mir sehr schnell klar, dass diese Richtlinie eine Möglichkeit bietet, dem Personalmangel entgegen zu wirken. In der VG Aiterhofen zählt Teamwork zum obersten Gebot, deshalb waren sich die Trägervertreter, Bürgermeister Hösl und Bürgermeister Neumeier, zusammen mit den verantwortlichen Gremien, den Aufsichtsbehörden und den Einrichtungsleitungen sehr schnell einig diesen Weg zu gehen.

Wo haben Sie inseriert und wie sind Sie zu Bewerbungen gekommen?

Mayer: Nachdem die Weichen gestellt waren, haben wir in der regionalen Presse sowie den gemeindlichen Medien die Weiterbildungsmöglichkeit für Quereinsteiger als Assistenzkraft in den Kitas angezeigt und innerhalb kürzester Zeit sind die ersten Bewerbungen eingegangen. Jedes Vorstellungsgespräch beinhaltete die Frage: Und was hast du vorher gemacht? Mundpropaganda und dem guten Image der Einrichtungen sind es zu verdanken, dass wir seitdem insgesamt 22 Assistenzkräfte auf alle Einrichtungen verteilt akquirieren und ausbilden konnten. Das Ziel war, dass das Team der Pädagogen pro Gruppe von einer zusätzlichen Assistenzkraft unterstützt wird.

 

Konnten Sie die Quereinsteigerinnen im Kitabetrieb ohne Qualitätsverluste integrieren?

Mayer: Durch eine Festanstellung während der Weiterbildungszeit zur Assistenzkraft war die Möglichkeit der sozialen Integration der Quereinsteigerinnen in den Kindertagesstätten gewährleistet. Das Leitungsteam hat sich gekümmert, dass die Damen nicht „auf offener See“ treiben. Die neuen Mitarbeiterinnen konnten sofort das Haus und das Team kennenlernen und sich mit den Werten der Kita identifizieren. Egal aus welchen vorherigen Berufen die Mitarbeiterinnen kamen, es war immer spürbar, dass Sie sich mit Ihrer Entscheidung für diesen neuen Beruf sicher waren.

Wie war die Akzeptanz des pädagogischen Personals gegenüber den Assistenzkräften bzw. gibt es Spannungsfelder?

Mayer: Die pädagogische Qualitätsanforderung in den Einrichtungen steuert der Anstellungsschlüssel und die Fachkraftquote. Neues pädagogisches Personal zukünftig sichern zu können ist fraglich, da der Fachkräftenachwuchs nicht ausreicht. Der Schwerpunkt unserer Bemühungen liegt darin, die Ressourcen des wertvollen pädagogischen Stammpersonals zu schonen. Seitdem unsere Assistenzkräfte tatkräftig in den Gruppen unterstützen, konnte der Krankenstand reduziert werden. Es sind ständig genügend Mitarbeiterinnen im Dienst. Es fallen weniger Überstunden an und dadurch keine zusätzlichen Ausfallzeiten wegen Überstundenabbau. Natürlich ist durch die Ausbildung und Anleitung der Assistenzkräfte das pädagogische Personal auch zusätzlich gefordert. Zur Erfüllung eines hohen pädagogischen Qualitätsanspruchs an unseren Einrichtungen zur Kinderbetreuung sind auch in Zukunft beide Ausbildungsschienen unverzichtbar.

 

Profitiert das pädagogische Personal von den Assistenzkräften?

Mayer: Für die Quereinsteiger aber auch für die Pädagogen gibt es einen gemeinsamen Nutzen. Die Assistenzkräfte lernen von den erfahrenen Pädagogen und umgekehrt lassen sich die Pädagogen von den Quereinsteigern inspirieren und updaten. Durch die verschiedenen Kompetenzen und Sichtweisen aus den Primärausbildungen wie Bankfachwirt, Altenpflege, Friseurin, Verkäuferin, Ernährungsberaterin usw. wurde unser Kita-Kosmos um etliches spannender und vielfältiger.

 

Welche Weiterbildung ist nach der Assistenzkraftausbildung bei Ihnen möglich?

Mayer: Seit dem letzten Jahr gibt es das modulare Weiterbildungssystem des Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales. Die Weiterqualifizierung zur Ergänzungskraft dauert mindestens zwölf Monate, insgesamt müssen 200 Unterrichtseinheiten erfolgreich absolviert werden.  4 von unseren ausgebildeten Assistenzkräften haben bereits die Weiterbildung zur pädagogischen Ergänzungskraft erfolgreich abgeschlossen. Weitere 13 Assistenzkräfte befinden sich derzeit in der Weiterbildung zur pädagogischen Ergänzungskraft und werden im Dezember 2024 fertig.

 

Wie ist die Zusammenarbeit mit den Multiplikatoren der Weiterbildungsanbieter?

Mayer: Wir sind mit der Multiplikatorin im Dauerdialog, das heißt das Leitungsteam und die Praxisanleitung im Haus stimmen sich ab, sodass die erlernte Theorie mit der Praxis im Haus verknüpft werden kann. Ein individuelles hausinternes Ausbildungskonzept inkl. besonderer Transparenz des Weiterbildungskonzeptes im gesamten Team sichert somit die Qualität des Pädagogischen Ergebnisses und ist dringend notwendig für diesen Prozess. Es sind strukturelle Vorrausetzungen zu schaffen, damit die neuen kurzqualifizierten Fachkräfte auf der Ebene des Fachkraftniveaus bleiben und nicht Fachkräfte 2. Klasse sind. Ein „lebenslanges Lernen“ ist auf dem Weg zur Professionalisierung unumgänglich.

 

Was sagen Ihre Trägervertreter bzw. Bürgermeister zu dieser Entwicklung?

Die Brennpunkte in den Kitas gehören zu den Hauptsorgen der Bürgermeister im Landkreis. Genügend Plätze für den Rechtsanspruch 2026 zu schaffen und genügend Plätze in den Kitas zu sichern, verbunden mit hohen Investitionskosten, ist für die Kommune eine hohe Belastung. Investieren in einen Neubau ist die eine Sache, die Betriebskosten in Relation zu den Steuereinnahmen kontrollieren zu können ist die größte Herausforderung. Durch unsere frühzeitig getroffenen Maßnahmen diesen Weg zu gehen, können die Personalkosten durch die Assistenzkraftförderung ausgebremst werden und das Defizit bzw. die Finanzierungs-lücke bei den Betriebskosten der Kita zumindest eingeschränkt  werden. Somit versuchen unsere Trägervertreter Bürgermeister Hr. Hösl und Hr. Neumeier zwei Sorgen weniger zu haben, zum einen keine Schließung von Gruppen da genügend Personal vorhanden ist und zum Zweiten die Finanzen im Blick.

 

Nadine Hoffmann (im Bild links) ist ausgebildete Assistenzkraft und hat bereits die Weiterbildung zur pädagogischen Ergänzungskraft Modul 3 und 4 des modularen Weiterbildungskonzeptes des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit  und Soziales absolviert.

Frau Hoffmann wie ist das Feedback zu Ihrem Quereinstieg in der Kita Maria Schutz in Aiterhofen?

Nadine Hoffmann: Meine Weiterbildung zur Tagespflegeperson bei der GFI in Straubing, sowie die vor kurzem abgeschlossene Weiterbildung als pädagogische Ergänzungskraft des Modul 3 und 4 habe ich neben dem Kita-Praxisalltag außerhalb der Arbeitszeit absolviert. Meine Familie hatte großes Verständnis, das für mich sehr wichtig war in dieser Zeit. Die Freude an der Weiterbildung und mein berufliches Ziel, die modulare Weiterbildung bis in das Modul 5 zur pädagogischen Fachkraft zu erreichen treibt mich an. Die berufliche Neuorientierung und die Möglichkeit mit Kindern zu arbeiten und die Entwicklungsphasen der Kinder zu beobachten erfüllt mich sehr. Ich unterstütze bei der Betreuung von Krippenkindern das Team in der Kita Maria Schutz in Aiterhofen. Ich habe nie gespürt, dass mich die Fachkräfte nicht akzeptieren würden, im Gegenteil, Sie haben mich als Quereinsteigerin  - ich komme aus dem Einzelhandel - während meiner Weiterbildung und bei der Vorbereitung von Praxisprojekten für den Abschluss unterstützt. Ich finde es toll, dass es diese modulare Weiterbildungsmöglichkeit gibt und dem Personalmangel in den Kitas entgegengewirkt werden kann und somit ausreichend Kitaplätze für die Familien zur Verfügung stehen.